Entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen

Rheuma ist eine Krankheit mit vielen Gesichtern. Zum Fachgebiet der Rheumatologie zählen über 400 Erkrankungen mit verschiedenen Symptomen. Eine Sondergruppe stellen die entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen dar. Hierbei können neben den typischen Gelenkbeschwerden auch die inneren Organe beteiligt sein. Unser Stv. Chefarzt PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth klärt im Interview wichtige Fragen rund um diese etwas selteneren rheumatischen Krankheiten auf.

Rheumatologie im Dialog.

Zum Fachgebiet der Rheumatologie gehören über 400 Erkrankungen mit verschiedenen Symptomen. Eine Sondergruppe stellen die entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen dar. Hierbei können neben den typischen Gelenkbeschwerden auch die inneren Organe beteiligt sein.

Insgesamt sind entzündlich-rheumatische Erkrankungen seltener als andere rheumatische Krankheiten. In der Schweiz sind ca. 200 000 Menschen davon betroffen. Sie können heutzutage mithilfe moderner Therapien sehr gut behandelt werden, ohne Therapie haben sie jedoch oft einen schweren, teils invalidisierenden Verlauf.

 

Reha: Herr PD Dr. Dr. Gerth, welche Erkrankungen gehören zu den entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen?

PD Dr. Dr. Ulrich Gerth: Die häufigsten Erkrankungen dieser Gruppe sind sicherlich die Rheumatoide Arthritis und der Morbus Bechterew. Bei beiden Erkrankungen sind die Gelenke betroffen und entzündet. Neben Schmerzen erleiden die Patientinnen und Patienten im Verlauf oft auch einen Funktionsverlust. So können sich etwa die Gelenke der Hände verformen oder die Wirbelsäule komplett versteifen. Insbesondere bei älteren Patientinnen und Patienten ebenfalls recht häufig ist die Polymyalgia rheumatica. Hierbei ist jedoch eine Entzündung der Gefässe beziehungsweise der Muskeln die Ursache der Erkrankung. Seltener sind Bindegewebserkrankungen (zum Beispiel systemischer Lupus erythematodes) oder Gelenkentzündungen bei Schuppenflechte (Psoriasisarthritis).

 

Welche Symptome haben entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen?

Kennzeichen sind oft Gelenkentzündungen (Arthritis) mit geschwollenen Gelenken. Die Patientinnen und Patienten haben oft eine ausgeprägte Morgensteifigkeit mit Schmerzen und Bewegungseinschränkung in den Morgenstunden. Die Morgensteifigkeit ist auch typisch für die Rücken­schmerzen bei Morbus Bechterew. Die Blutunter­suchung beim Hausarzt zeigt dann oft erhöhte Entzündungswerte. Wenn diese Symptome vorlie­gen, sollte man sich umgehend bei einem Rheu­matologen untersuchen lassen.

Ultraschall

Rheumatalogie Untersuchung Hand

 

Wie erfolgt die Diagnose, um schlussendlich einen optimalen Therapieerfolg zu gewähr­leisten?

Am wichtigsten ist erst einmal die genaue Patien­tenbefragung (Anamnese) sowie körperliche Un­tersuchung. Ergänzt wird diese bei der Abklärung oft durch eine spezielle Laboruntersuchung und Ultraschalldiagnostik. Manchmal werden auch Röntgenbilder angefertigt oder ein MRI durchge­führt.

 

Wie wird therapiert, und lässt sich der chro­nische Verlauf stoppen?

Wichtig ist, dass ohne Therapie oft ein Fortschrei­ten der Erkrankung erfolgt mit einem schweren, teils invalidisierenden Verlauf. Neue Arzneimittel haben aber in den letzten Jahren die Therapie und Prognose der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen revolutioniert. Heutzutage ist das Therapieziel nicht mehr nur die Linderung der Beschwerden, sondern die Remission, das heisst der Stillstand der Erkrankung. Die Patientin oder der Patient soll beschwerdefrei sein bei vollständigem Funktionserhalt und die Erkrankung soll nicht fortschreiten. Heutzutage kann man also Patientinnen und Patienten mit einer neu diag­nostizierten Erkrankung sehr viel Mut machen, da die Prognose bei optimaler Therapie sehr gut ist.

 

Behandeln Sie nur Patientinnen und Patien­ten mit entzündlich-rheumatischen Systemerkrankungen?

Nein. Entzündliches Rheuma ist ein Schwerpunkt meiner Praxis. Gleichermassen betreue ich jedoch auch Patientinnen und Patienten mit Osteoporo­se, degenerativen Gelenkbeschwerden (Arthrose) oder Gicht. Persönlich ist mir eine umfassende Abklärung und Therapie bei diesen komplexen Erkrankungen sehr wichtig. Um dieses Ziel zu erreichen, steht den Patientinnen und Patienten im Ambulatorium ein breites diagnostisches und therapeutisches Angebot zur Verfügung. Wichtig ist mir auch, dass ich innerhalb und ausserhalb der Klinik gut mit anderen Spezialistinnen und Spezialisten interdisziplinär zusammenarbeite, um meinen Patientinnen und Patienten die bestmög­liche Versorgung zu gewährleisten.

Entzündlich-rheumatische Systemerkrankungen

Arthralgien / Arthritiden
Gelenkschmerzen / -entzündungen können zum Beispiel auf Gicht, Rheumatoide Arthritis oder Arthrose hinweisen.

Rückenschmerzen
Häufig sind die Beschwerden degenerativ bedingt. Insbesondere nächtliche Schmerzen und Morgensteifigkeit sind jedoch typisch bei Morbus Bechterew.

Raynaud-Symptomatik
Das Weisswerden der Finger ist ein mögliches Symptom von Bindegewebserkrankungen (zum Beispiel Kollagenosen).

Unklare Beschwerden
Laborwertveränderungen, Schmerzen oder Fieber können eine autoinflammatorische oder autoimmune Ursache haben.

Osteoporose
Rückenschmerzen, eine Buckelbildung (Verkrümmung der Wirbelsäule) und die Abnahme der Körpergrösse sowie Wirbelkörperfrakturen sind Symptome der Osteoporose.

PD Dr. med. Dr. rer. nat. Ulrich Gerth

Stv. Chefarzt und Leiter Europäisches Zentrum für die Rehabilitation der Sklerodermie