ZURÜCK INS LEBEN

Die Rolle der Angehörigen in einem Rehabilitationsprozess

Nach einem schweren Hirninfarkt im Oktober 2022 beginnt für Frau Morf ein langer und intensiver Weg zurück in die Selbstständigkeit. Von der ersten Rehabilitationsphase über stationäre Aufenthalte bis hin zur ambulanten Therapie kämpft sie sich Schritt für Schritt zurück ins Leben. Dabei spielen nicht nur Ärzte, Therapeuten und Pflegekräfte eine zentrale Rolle, sondern auch ihr Partner, der sie unermüdlich unterstützt.

Reha: Sie waren zu Hause, als das Unglück passiert ist. Können Sie schildern, was genau geschehen ist?

Herr Ebert: Ja. Also vor ca. drei Jahren, Ende Oktober, hat das Schicksal bei uns zugeschlagen. Ich war durch Zufall daheim, als ich etwas rumpeln hörte und meine Frau im Wohnzimmer am Boden liegend vorfand. Sie war schon ansprechbar, aber instinktiv habe ich gemerkt, dass da etwas gar nicht stimmte. Ich habe direkt einen Notruf gemacht und glücklicherweise waren die Ersthelfer auch schon nach ein paar Minuten vor Ort. Es stellte sich heraus, dass meine Frau einen schweren Schlaganfall erlitten hatte, dessen Ausgang erst einmal ungewiss war. Sie wurde ins Spital nach Basel gebracht. Das war der Auftakt des langen Prozesses, den wir vor uns hatten.
Spital, Reha, Operationen, …

Reha: Es ist oft nicht so klar, wie die Angehörigen von schwer betroffenen Patientinnen und Patienten selbst durch einen solchen Schicksalsschlag in Mitleidenschaft gezogen werden. Wie konnten Sie diese Zeit nicht nur durchstehen, sondern auch weiterhin in der Lage sein, Ihre Frau zu unterstützen? Hatten Sie eine Strategie?

Herr Ebert: Gute Frage … Ich glaube, das kann man nicht an ein, zwei Sachen festmachen. Ich habe mir selbst Gedanken gemacht. Solche Ereignisse sind so enorm gross, im Nachhinein blickt man zurück und fragt sich: «Wie habe ich das geschafft?» Es ist eine Mischung aus vielen Dingen, denke ich. In unserem Fall waren es sicher unsere super Herkunftsfamilien, die uns sehr unterstützt haben, dann tolle Freunde, die bei uns in der Siedlung wohnen und auch mein Arbeitgeber, der sehr verständnisvoll war. Hinzu kam, dass meine Frau sehr eindrucksvoll mit ihrer Situation umgegangen ist. Sie hat ihr Schicksal von Anfang an angenommen und gekämpft. Das hat es mir auch einfacher gemacht. Wir haben immer gesagt: «Du beackerst dieses Feld und ich jenes und am Ende kommen wir wieder zusammen.» Und ich glaube, das ist uns ganz gut gelungen.

«Du beackerst dieses Feld und ich jenes und am Ende kommen wir wieder zusammen.»

Reha: Welche Rolle haben für Sie die Ärzte, das Pflegepersonal und die Therapeuten im Kontext der Rehabilitation gespielt?

Herr Ebert: Sicherlich eine wichtige Rolle. Sie haben uns aufgefangen bzw. die Ärzte haben uns erst einmal aufgeklärt, was überhaupt passiert ist. Als wir dann hier in die Reha Rheinfelden konnten, von der wir glücklicherweise nicht weit entfernt wohnten, war ich fast täglich hier. Dadurch war es möglich, eine Beziehung zum Pflegepersonal und den Therapeutinnen und Therapeuten aufzubauen.

Reha: Wie ist Ihr Sohn mit der Situation umgegangen?

Herr Ebert: Unser Sohn hat das sehr gut gemacht, das muss man wirklich sagen. Die Kleinen wachsen in so einer Situation über sich hinaus. Er hat wohl schon gemerkt, dass wir in einer schwierigen Lage sind, er konnte mir aber sogar Kraft geben und hat auf seine Art dazu beigetragen, dass wir wieder gut ins Leben zurückgefunden haben. Inzwischen ist er eingeschult worden und auch jetzt muss ich sagen, er macht das sehr gut und wir sind zufrieden, wie er sich entwickelt. Er hat die Situation angenommen und es wird immer mehr zum Alltag.

Reha: Können Sie von Meilensteinen berichten, die Ihnen Mut und Hoffnung gegeben haben?

Herr Ebert: Nach dem Schlaganfall und der sehr intensiven Phase kam relativ schnell wieder ein positiveres Gefühl auf. Es gab erste kleine Fortschritte, an die wir uns natürlich geklammert haben und versucht haben uns hochzuziehen. Zum Beispiel, als wir in der Therapie das erste Mal gemeinsam Schritte gehen konnten, das war ein Meilenstein. Es hat uns das Gefühl gegeben, dass wir das gemeinsam hinbekommen. Auch im Hinblick auf die Rückkehr in unser Zuhause. Darauf wurden wir auch speziell vorbereitet. Insbesondere in der Physiotherapie, aber auch durch andere Therapien und Fachkräfte. Beispielweise habe ich meiner Frau beim Duschen helfen können und die Pflege war vor Ort für den Fall, dass etwas sein sollte. Oder wir haben geübt, wie ich meiner Frau helfe, sich vom Rollstuhl ins Auto zu setzen. Das war am Anfang wirklich eine Herausforderung. Als wir dann schliesslich nach Hause kamen, war aber eigentlich nur die Umgebung neu, alles andere war vertraut. Das hat uns viel Sicherheit gegeben.

Reha: Abgesehen von den grossen emotionalen Herausforderungen gibt es sicherlich auch viele bürokratische Themen, die angegangen werden müssen? Ein fehlendes Einkommen erschwert die finanzielle Versorgung. Hatten Sie Hilfe bei der Bewältigung?

Herr Ebert: Neben den emotionalen Herausforderungen war es tatsächlich gar nicht einfach, Job und Alltag unter einen Hut zu kriegen und die Finanzen im Auge zu behalten. Das wird in so einem Fall schnell ein Thema. Wir konnten es aber zum Glück durch Ersparnisse und Familie eigentlich ganz gut abfangen, was uns auch den Rücken freigehalten hat. Als pflegender Angehöriger bekomme ich ausserdem ein Gehalt ausbezahlt. Das ist ein wirklich tolles Tool, weil ich dadurch viel mehr zuhause sein kann.

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