Resilienz – unsere psychische Widerstandsfähigkeit

Was man unter «Resilienz» versteht, und wie man die Fähigkeit, auch unter misslichen Umständen einigermassen gesund und stabil zu bleiben üben kann, erfahren Sie von Marietta Haller, Co-Leiterin Psychologie.

Knospe im Asphalt.

Unter «Resilienz» versteht man die psychische Widerstandskraft, das heisst die Fähigkeit, auch unter misslichen Umständen einigermassen gesund und stabil zu bleiben. Der Begriff stammt vom lateinischen Verb «resilire» und meint «abprallen» oder «zurückspringen».

Reha: Frau Haller, warum ist dies insbe­sondere aktuell so ein Thema (geworden)?

Frau Haller: Gerade in den letzten Jahren, die durch die Corona-Pandemie geprägt waren, ist uns bewusstgeworden, dass unser Wohlerge­hen nicht selbstverständlich ist und dass gesund­heitliche sowie gesamtgesellschaftliche Bedro­hungslagen jederzeit auftreten können. Aber nicht nur Corona führte zu Verunsicherungen, es sind zum Beispiel auch die unsicheren Zukunfts­perspektiven für unsere Jugendlichen – Stichworte Klima und Weltwirtschaft – und nicht zuletzt für uns alle auch die aktuellen politischen Entwick­lungen mit Kriegsereignissen auf unserem euro­päischen Kontinent.

 

Kann man Resilienz «üben»?

Ja, das kann man – bis zu einem gewissen Grad. Verschiedene Autorinnen und Autoren zählen sieben Grundhaltungen und Fähigkeiten auf, die Resilienz definieren:

  • Optimismus

  • Akzeptanz

  • Lösungsorientierung

  • Bereitschaft, die Opferrolle zu verlassen

  • Verantwortung für sein Handeln übernehmen

  • Netzwerke aufbauen und nutzen

  • Zukunftsplanung (Arbeit mit Visionen)

 

Diese Grundhaltungen und Kompetenzen sind nicht einfach naturgegeben, sondern können tat­sächlich geübt werden. Insbesondere Techniken der Achtsamkeit und Selbstberuhigung, ein kriti­scher Umgang mit automatischen Denkmustern, die Pflege von Beziehungen und ein gesunder Lebensstil mit genügend Schlaf, gesundem Essen und ausreichend Bewegung können unsere Resili­enz stärken.

Ist Resilienz das «neue Wundermittel»? Gibt es Grenzen?

Es ist wichtig zu betonen, dass die Entwicklung und das Vorhandensein von Resilienz von ver­schiedenen Faktoren abhängig ist, die zum Teil nicht so einfach veränderbar sind. Wir wissen zum Beispiel, dass soziale Faktoren, unter anderem Armut oder geringe Schulbildung, Hinderungs­faktoren darstellen, eine gute Resilienz zu entwi­ckeln. Die psychische Widerstandskraft ist daher nicht bei allen Menschen gleich ausgeprägt und sie kann im Verlauf des Lebens sowie situations­abhängig schwanken. Entsprechend ist das Trai­ning von Resilienz kein Wundermittel und es soll­te nicht dazu führen, dass zum alltäglichen Stress noch ein «Stress mit der Resilienz» hinzukommt.

 

Wie spielt Resilienz in der Reha Rheinfelden bei unserer täglichen Arbeit eine Rolle?

Als Gesundheitspersonal sind wir tagtäglich zahl­reichen Stressoren ausgesetzt, die innere Wider­standskraft und seelische Stärke erfordern. Ich denke dabei zuerst an unsere Arbeit mit zum Teil sehr schwer erkrankten Menschen und ihren An­gehörigen, aber auch an unsere in der Corona-Zeit erschwerten Arbeitsbedingungen mit Schutz­kleidung, Mehrarbeit durch den Ausfall von kranken Kollegen und Kolleginnen, Angst vor An­steckung etc. Die Abteilung Psychologie hat vor diesem Hintergrund das Programm «Staff Support» entwickelt, ein spezifisches Übungsprogramm für Mitarbeitende der Reha Rheinfelden zur För­derung der Selbstfürsorge.

 

Buchempfehlungen

«Resilienz – das Geheimnis der Psychischen Widerstandskraft» von Christina Berndt, ISBN-10 3423348453

«StehaufMensch!» von Samuel Koch, ISBN-10 3863342119

«Resilienz – wie man Krisen übersteht und daran wächst» von Matthew Johnstone, ISBN-10 9783956140662

«Die 7 Säulen der Resilienz» von Emilia Morel, ISBN-13 979-87510452 

Marietta Haller, LIC. PHIL.

CO-Leitung Psychologie