Psychologische Sicherheit - Ein Multiplikator für Psychische Gesundheit

Psychologische Sicherheit gewinnt als Thema in den Unternehmen an Bedeutung – und das nicht erst, seit immer klarer wird, dass gerade junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diese in hohem Mass von ihrem Arbeitgeber erwarten.

Psychologische Sicherheit ist generell ein positiver Multiplikator für die Weiterentwicklung von Mitarbeitenden und Teams. Die Formel ist einfach: Wer sich sicher fühlt, ist offener für Veränderungen und betrachtet diese auch eher als Entwicklung und Chance. Doch gibt es psychologische Sicherheit in Zeiten grosser Belastungen überhaupt noch? Wie fördern Führungskräfte diese? Dazu ein Beispiel aus dem Unternehmensalltag.

Seit 2020 führen mehr und mehr Unternehmen Mitarbeiter-Befragungen durch. So soll die Zufriedenheit gemessen und Handlungsbedarf erkannt werden: ein guter Plan! Liegen die Ergebnisse dann vor, werden sie jedoch oft nicht konsequent genutzt, auch nicht fürs Steigern psychologischer Sicherheit. Bereits die Kommunikation der Ergebnisse lässt oft zu wünschen übrig, weil sie entweder zu pauschal ausfällt oder weil kaum überprüft wird, wie die Führungskräfte im Detail vorgehen. Doch genau dabei ist grosse Sorgfalt ratsam – und nötig.

WER SPRICHT DA?

Jörg Neumann ist Geschäftsführer des Beratungsunternehmens NeumannZanetti & Partner. Als scharfsinniger Stratege und Beobachter fordert er seine Kunden heraus und inspiriert sie. NeumannZanetti & Partner begleitet Unternehmen bei ihrer Entwicklung, berät und trainiert sie in Sachen Servicequalität, Führungskultur und Kundenbeziehung.

Seit 2020 führen mehr und mehr Unternehmen Mitarbeiter-Befragungen durch. So soll die Zufriedenheit gemessen und Handlungsbedarf erkannt werden: ein guter Plan! Liegen die Ergebnisse dann vor, werden sie jedoch oft nicht konsequent genutzt, auch nicht fürs Steigern psychologischer Sicherheit. Bereits die Kommunikation der Ergebnisse lässt oft zu wünschen übrig, weil sie entweder zu pauschal ausfällt oder weil kaum überprüft wird, wie die Führungskräfte im Detail vorgehen. Doch genau dabei ist grosse Sorgfalt ratsam – und nötig.

Führungskräfte sollten …

… eine Mitarbeiter-Befragung vom Zeitpunkt der Ankündigung an frühzeitig in ihre Kommunikation im Team aufnehmen.

… bereits mit der Einladung zum Mitmachen im eigenen Team besprechen, dass die Ergebnisse später gemeinsam für Reflexionen und Entwicklungen genutzt werden.

… Zwischen-Informationen zum «Stand der Dinge» oder zur Planung auf der Zeitachse geben.

… die Ergebnisse des Unternehmens und des eigenen Bereichs entspannt und mit genügend Zeit im Team aufgreifen.

… Verbesserungsvorschläge sammeln und einige gezielt umsetzen, stets verbunden mit einer kommunikativen Begleitung.

«Ist das nicht ein bisschen viel verlangt?», fragen Sie sich jetzt vielleicht. «Und wer hat dafür die Zeit?» Sie können beruhigt sein. Die Zeit ist kein wesentlicher Faktor, denn die meisten hierfür nötigen Kommunikationsgefässe gibt es ja eh schon. Vielmehr ist es wichtig, Transparenz als echte Haltung vorzuleben. Dann können Sie psychologische Sicherheit dank Ihrer Vorgehensweise fördern, obwohl sie selbst als Aspekt in vielen Befragungen nur sehr indirekt erfasst wird. Auch sonst ist im Umgang mit Mitarbeiter-Befragungen eine gute Portion «Do-how» ratsam. Oft fliesst nach Befragungen zu wenig Energie ins Multiplizieren von Stärken – negative Entwicklungen stehen im Fokus. Das ist nicht nur schade, sondern hemmt auch die Kommunikationsfreude und die Entwicklung von Lösungen. Für diese «Schwächen» muss ja jemand verantwortlich sein. Wer ruft da schon gern als erster «Hier!»? Psychologische Sicherheit sollten Sie im Team und im Unternehmen auch fördern, weil sie psychische Gesundheit tendenziell positiv beeinflusst. Die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wünschen sich, dass sie sich bei ihrem Arbeitgeber und am Arbeitsplatz sicher fühlen. Sicher im Sinn von gut aufgehoben und fair behandelt. Solche Erwartungen stehen immer wieder auf dem Prüfstand, beispielsweise wenn Veränderungen anstehen. Dann ist es wichtig, wie und wann Teams davon erfahren. Wer eingebunden wird, empfindet Veränderungen eher wie Entwicklungen – und fühlt sich dabei sicher.

Das konkrete Führungsverhalten kann psychische Gesundheit also durchaus begünstigen. So zum Beispiel:

• Besprechen Sie mit Ihrem Team, was Sie erwarten und was das Team von Ihnen erwartet. Berechenbarkeit ist ein Schlüssel für psychologische Sicherheit – übrigens auch für Team Spirit.

• Vereinbaren Sie im Führungsteam, wie Sie Veränderungen und Entscheidungen kommunizieren – und was Sie tun, wenn einige wenige, die rücksichtslos vorgehen, Schaden anrichten.

• Bieten Sie Vorgehensweisen an, wenn Konflikte viel Energie rauben. Das Ausbilden von Konfliktlotsen oder das Arbeiten mit Mediatoren machen sich bezahlt.

Führungskräfte sind grundsätzlich gefordert, wenn es um die psychische Gesundheit am Arbeitsplatz geht. Für Führungskräfte sollten Weiterbildungen im Umgang mit psychischen Erkrankungen obligatorisch sein, so wie es auch ein Erste-Hilfe-Kurs ist. Denn selbst einfühlsame Menschen haben Mühe, die Anzeichen psychischer Erkrankungen zu erkennen. Und wenn ihnen dies gelingt, folgen weitere Schritte, die sehr heikel sein können – allen voran das Ansprechen der Betroffenen.

Jörg Neumann

Unternehmensberater