Auf ein Wort mit der Klinikleitung

Die Klinikleitung der Reha Rheinfelden blickt zurück auf das Geschäftsjahr 2022. Ausserdem lassen sie im gemeinsamen Interview verlauten, welche Herausforderungen, Pläne und Projekte die Zukunft bringt.

Klinikleitung im Gespräch

Das Duo Matthias Mühlheim und Leo Bonati schaut im Interview auf das Geschäftsjahr 2022 zurück. Gleichzeitig beleuchten sie die Herausforderungen der Gegenwart und werfen einen Blick auf die zukünftigen Pläne und Projekte der Reha Rheinfelden.

Gleich zum Start eine ganz generelle Frage an Sie, Herr Mühlheim, als Administrativer Direktor: Wie war das Nach-Corona-Jahr 2022 für die Reha Rheinfelden?

Matthias Mühlheim:

Nach Corona kann man nicht ganz sagen. Corona hat uns auch im Jahr 2022 weiter beschäftigt. Sowohl bei Patientinnen und Patienten als auch beim Personal kam es zu Erkrankungen. Das hat dazu geführt, dass wir nicht immer alle Betten betreiben konnten. Ansonsten, für mich selbst, war es ein sehr erfreuliches Jahr. Ich darf mit Leo Bonati, der neu eingestiegen ist, diese Klinik leiten – eine sehr schöne Zusammenarbeit, die sich da entwickelt hat. Das Geschäftsjahr 2022 war zwar durchzogen, hat aber ein versöhnliches Ende genommen. Die gute Auslastung Ende Jahr hat uns finanziell über die Runden geholfen. Aus dem reinen Klinikbetrieb resultiert eine schwarze Null. Damit sind wir zufrieden. In das positive Gesamtergebnis spielt allerdings ein Sondereffekt hinein: Wir haben vom Kanton noch einmal Coronaentschädigungen erhalten.

Herr Bonati, Sie sind 2022 als Chefarzt und Medizinischer Direktor an der Reha Rheinfelden gestartet. Es war ein besonderer Moment in der Geschichte der Reha, weil sie 2021 ihr 125-jähriges Jubiläum feiern durfte. Wie fällt ihr Rückblick auf «Ihr erstes Jahr» aus?

Leo Bonati:

In meiner neuen Funktion konnte ich im vergangenen Jahr zahlreiche neue Eindrücke gewinnen. Ich habe eine Klinik kennengelernt, die organisatorisch sehr gut aufgestellt ist und von hochmotivierten und sehr engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern profitiert. Mit Matthias Mühlheim in einer dualen Leitungsfunktion ein grosses Unternehmen zu führen, war für mich neu. Ich habe sehr profitiert von seiner langjährigen Erfahrung, seinen Kenntnissen über die Reha Rheinfelden, aber auch über alle wichtigen gesundheitspolitischen Themen. In diesem von Veränderungen und Anpassungen geprägten Jahr konnten wir rasch und agil wirksam entscheiden. Ein emotionales Highlight war in der Tat die 125-Jahr-Jubiläumsfeier. Nur weil man sie um ein Jahr verschieben musste, kam ich überhaupt zur Ehre, diesen Anlass mitbestreiten zu dürfen. Von unseren Gästen aus Politik, Gesellschaft, Kultur und anderen Kliniken haben wir viel Wertschätzung erfahren. Wir haben festgestellt, wie stark die Reha Rheinfelden in der Bevölkerung verankert ist – in der Region, aber auch darüber hinaus.

 

Sowohl COVID als auch das Jubiläum haben also nachgewirkt im Jahr 2022. Herr Mühlheim, was waren weitere grosse Meilensteine für Sie?

Matthias Mühlheim:

Die Einführung des neuen Tarifsystems ST Reha per 1. Januar 2022 war für die ganze Klinik ein Meilenstein. Nicht nur für die Reha Rheinfelden, sondern für die gesamte Rehabilitations-Szene in der Schweiz war das eine grosse Herausforderung – vergleichbar mit der Einführung von DRG in den Akutspitälern –, die uns auch 2023 noch beschäftigen wird. Als zweiten grossen Meilenstein möchte ich die Integration unserer Tochtergesellschaft RehaCity in Basel erwähnen: Ein ambulantes Rehabilitations- und Therapiezentrum, das wir per 1. Januar 2022 vollständig integriert und übernommen haben. Nun sind wir dabei, es medizinisch neu zu positionieren, um- und auszubauen. Es stellt eine optimale Abrundung und Erweiterung unseres Angebots dar.

 

Herr Bonati, neben dem gerade erwähnten grossen Integrationsprojekt und der neuen Tarifstruktur: Welche Meilensteine sind aus Ihrer Sicht als Medizinischer Direktor sonst noch wichtig?

 

Leo Bonati:

Ich darf an dieser Stelle die Massnahmen nennen, die wir letztes Jahr getroffen haben, um den Herausforderungen im Fachkräftemangel zu begegnen. Wir haben mit einer breit angelegten Arbeitgeberkampagne, mit einer Plakatierungsaktion unter dem Motto «Wo Fachkompetenz und Menschlichkeit Sie weiterbringen.», reagiert. Unsere Anstellungsbedingungen wurden modernisiert, unter anderem mit der Möglichkeit von Homeoffice. Sämtliche Aspekte – insbesondere im Bereich Pflege –, die die Personalrekrutierung und die Attraktivität der Reha Rheinfelden betreffen, werden systematisch hinterfragt und laufend verbessert. Wir legen weiterhin einen sehr starken Fokus auf die Aus- und Weiterbildung. Ein besonderes Highlight war letztes Jahr, dass unser Küchenchef Adrian Dähler zum Berufsbildner des Jahres nominiert wurde und den 1. Preis gewann. Auch im Bereich der Berufsbildung Pflege konnten wir einen grossen Erfolg erzielen: Wir haben 18 Schülerinnen und Schüler in verschiedenen Pflegeberufen ausgebildet und 9 davon konnten wir danach permanent bei uns anstellen.

 

Neben den Reha-internen Projekten und Meilensteinen gibt es natürlich auch aktuelle gesundheitspolitische Themen, welche die Reha Rheinfelden betreffen. So wurde im letzten November die sogenannte «Pflegeinitiative – Für eine starke Pflege» vom Schweizer Stimmvolk angenommen. Herr Mühlheim, welche Auswirkungen und Konsequenzen hat diese Initiative für die Reha Rheinfelden?

 

Matthias Mühlheim:

Im Moment hat die Pflegeinitiative keine direkten Auswirkungen auf die Reha Rheinfelden – gefragt sind primär die Kantone und der Bund. Da wären kurzfristig pragmatische Lösungen gefragt, zum Beispiel die Finanzierung von Aus- und Weiterbildungen oder der Weiterqualifikation des Personals. Persönlich habe ich Verständnis für die Lohnforderungen des Personals – das betrifft in unserem Fall nicht nur das Pflegepersonal. Die Herausforderung ist nur, dass das jemand finanzieren muss. Um ein Beispiel zu nennen: Wir können nicht unsere Löhne um zehn Prozent erhöhen bei gleichen Tarifen und gleichen Einnahmen. Damit wir höhere Tarife in Rechnung stellen könnten, wären die Kantone und Krankenkassen in der Pflicht. Finanziell betrifft uns eine Reihe von Herausforderungen: Höhere Energiekosten oder dass unsere Zulieferanten ihre Preise erhöhen, während wir nach wie vor mit den gleichen Tarifen arbeiten. Diese Tarife beruhen auf Zahlen von 2019. Es ist sehr schwierig, das zu handeln. Das ganze Gesundheitswesen steht vor grossen Herausforderungen, denn die Bürokratie und der administrative Aufwand sind enorm. Wir beschäftigen sehr viele Leute mit dem Ausfüllen von Listen, Liefern von Daten etc. Diese Zeit, die Fachpersonal in Bürokratie investiert, sollte wieder vermehrt unseren Patientinnen und Patienten zugutekommen.

 

Die Reha Rheinfelden hat nicht nur hinsichtlich des medizinischen und therapeutischen Angebots höchste qualitative Ansprüche, sondern ist auch sehr ambitioniert im Bereich Innovationen und Wissenschaft. Herr Bonati, können Sie uns zu diesem Themenfeld ein kurzes «Update» geben?

 

Leo Bonati (zusammenfassend):

Sehr gern. Neben der klinischen Dienstleistung und der Aus- und Weiterbildung sind Forschung und Innovation der dritte wichtige Pfeiler für die Realisierung unserer Vision. Im letzten Jahr haben wir einen Kooperationsvertrag mit der Universität Basel abgeschlossen. Das bedeutet, dass wir die wissenschaftliche Abteilung hier an der Reha Rheinfelden als universitäre Forschungsgruppe positionieren können. Wir konnten aus der eigenen Forschung heraus, aber auch aus Kooperationsprojekten im Bereich der Prävention, sage und schreibe 50 Originalarbeiten in wissenschaftlichen Zeitschriften publizieren. Das ist ein grosser Erfolg für eine Rehaklinik. An Innovationen möchte ich unsere laufenden Kooperationen mit Start-ups erwähnen: Beim Projekt «Exergetic» geht es darum, eine virtuelle Trainingsumgebung zu entwickeln und weiterzuentwickeln, die für unsere Patientinnen und Patienten mit neurologischen oder geriatrischen Fragestellungen angewendet werden kann. Ein weiteres Projekt befasst sich mit der Tele-Rehabilitation nach einem Schlaganfall: Mithilfe einer App möchten wir den Patientinnen und Patienten zu Hause individuell massgeschneiderte Trainingsprogramme zuspielen, sodass sie jeden Tag ihre Fortschritte üben können, auch wenn sie bereits aus der Rehaklinik entlassen wurden. Davon erhoffen wir uns, dass der Übergang von der stationären zur ambulanten Behandlungsphase fliessender wird und wir insgesamt ein besseres Rehabilitationsergebnis erzielen.

 

Zuletzt ein kurzer Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr 2023. An Sie beide gerichtet: Welche Themen und Projekte stehen für 2023 auf der Agenda? Herr Mühlheim?

 

Matthias Mühlheim:

Ganz generell: Wir sind sehr gut ins 2023 gestartet. Die Auslastung und die Bettenbelegung sind sehr hoch – im Moment haben wir sogar Wartezeiten. Das lässt uns natürlich darüber nachdenken, wie wir unsere Prozesse und unsere Infrastruktur weiter optimieren können. Wichtig ist die Strategie-Revue mit unserem Stiftungsrat, bei der wir unsere Strategie überprüfen und festlegen, wie wir in den nächsten fünf Jahren weiterfahren wollen, respektive wo wir durchfahren wollen. In der RehaCity läuft die zweite Ausbauetappe. Wir freuen uns, wenn die RehaCity Ende Mai im neuen Kleid und mit einem erweiterten Angebot zur Verfügung steht. Was verschiedentlich schon ein Thema war, Leo Bonati hat es vorhin erwähnt: der Fachkräftemangel – und zwar nicht nur im Pflegebereich, sondern in ganz vielen Berufsrichtungen. Es ist wichtig, dass wir in jeder Beziehung eine attraktive Arbeitgeberin bleiben.

 

Herr Bonati, gibt es von Ihrer Seite noch Ergänzungen zum Ausblick 2023?

 

Leo Bonati:

Matthias Mühlheim hat die Entwicklung in der RehaCity erwähnt. Inhaltlich möchten wir dort in Zukunft stark auf ein neurologisches Angebot setzen – also auf die ambulante neurologische Rehabilitation in unseren wichtigsten Krankheitsfeldern, zum Beispiel nach Hirnschlag, Parkinson, Multiple Sklerose etc. Ich glaube, dass dort eine Unterversorgung in der Rehabilitation im ambulanten Bereich und im städtischen Umfeld herrscht. Wir werden dieses Jahr im Themengebiet des Lean Managements – das betrifft die teamorientierte Prozessoptimierung in der Pflege – wichtige Schritte realisieren. Dazu gehört, die organisatorischen und strukturellen Einheiten und Abteilungen für die Ärzte und das Pflegefachpersonal zu vereinheitlichen, damit diese beiden Berufsgruppen optimal zusammenarbeiten –, um eben auch der Komplexität unserer Patientinnen und Patienten noch besser gerecht zu werden. Und wir möchten aus den erwähnten Innovations-Technologieprojekten erste wichtige Daten zur Anwendung, Akzeptanz, Sicherheit und Wirksamkeit gewinnen.

 

Matthias Mühlheim:

Um nochmals auf die laufende Überprüfung der Infrastruktur zurückzukommen: Wir müssen uns Gedanken machen, wie wir die Bettenzahl mittelfristig erhöhen könnten, denn die Nachfrage nach unseren Leistungen ist enorm. Im Moment läuft die Spitalplanung Rehabilitation im Kanton Aargau. Es wird eine Herausforderung, dass wir alle unsere Leistungsaufträge in der neuen Leistungsgruppensystematik wieder im gleichen Mass erhalten und unsere Prozesse und die Infrastruktur mit diesen Leistungsaufträgen schritthalten.

 

Leo Bonati:

Als Schlusswort kann ich vielleicht noch anfügen: Die Reha Rheinfelden ist sicher gewappnet für alle möglichen Herausforderungen, die die Zukunft noch bringen wird.

Reha Rheinfelden

Rehabilitationszentrum